Dresdner Neueste Nachrichten, 24. März 1997:
Über die mysteriösen Linien der Steinwüste von Peru
Eines der seltsamen Rätsel unserer Erde gilt es noch immer
zu lösen - die Erdzeichnungen in der Wüste von Nazca.
Über eine Hochebene im trockenen Küstenstreifen im Süden
Perus spannt sich ein Netz von über 1000 Linien, dazwischen
Spiralen, Trapeze, Dreiecke und die riesigen stilisierten Bilder
von Dämonen, Tieren und Pflanzen. Die nur wenige Zentimeter
tief in den Boden gearbeiteten Linien sind die Spuren einer alten
Kultur Südamerikas.
Maria Reiche, die in Dresden geborene Mathematikerin und Geografin,
versuchte in ihrer 40jährigen Forschungsarbeit der Wüste
das Geheimnis zu entreißen. Durch Vermessung zahlreicher Linien
wollte sie nachweisen, daß es sich um einen astronomischen
Kalender handelt. Dabei fand sie die Konstruktionsmethode und die
Maßeinheit, mit denen die Menschen vor fast 2000 Jahren die
Figuren schufen.
Als anläßlich der Ehrungen von Dr. Maria Reiche zu ihrem
90. Geburtstag im Mai 1993 eine Bronzebüste der berühmten
Forscherin in ihrer ehemaligen Schule, dem Romain-Rolland-Gymnasium,
aufgestellt wurde, war das Interesse bei einer kleinen Gruppe Dresdner
Vermesser geweckt.
Diese begab sich dann auch im Februar 1994 auf eine erste Expedition
nach Peru, in Begleitung von Dietrich Schulze, einem Kenner der
Örtlichkeiten und langjährigem Freund der Familie Reiche.
Mit satellitengestützter, hochmoderner Technik wurden Vergleichsmessungen
vorgenommen, die eine gute Übereinstimmung mit Maria Reiches
Ergebnissen ergaben.
Mit der Gründung des Vereins "Dr. Maria Reiche - Linien
und Figuren der Nazca-Kultur in Peru" e.V. im Juli 1994 wurde
der Grundstein zur Fortsetzung ihrer Arbeit gelegt. Das Lebenswerk
Maria Reiches soll damit auch in ihrer Heimatstadt eine bleibende
Würdigung erfahren.
Wenig später wurde am Fachbereich Vermessung/Karthografie der
Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH) gemeinsam
mit der Schweizerisch-Lichtensteinischen Stiftung für Archäologische
Forschungen im Ausland das Projekt "Nazca" ins Leben gerufen.
In einem speziellen Forschungsprogramm werden die Linien und Figuren
auf einen astronomischen Hintergrund untersucht. Auch sollen die
empfindlichen Erdzeichnungen, die 1995 in die Liste des Weltkulturerbes
der UNESCO aufgenommen wurden und durch Umweltverschmutzung, Massentourismus
und archäologischen Raubbau gefährdet sind, in digitaler
Form gespeichert und für spätere Generationen konserviert
werden.
Bei einer zweiten Expedition in die Wüste von Nazca im Sommer
1996 konnten die ersten Daten durch konventionelle Vermessung an
den Tier- und Pflanzenfiguren sowie durch satellitengestützte
Vermessung am gesamten Liniennetz gewonnen werden, die zusammen
mit Luftbildern die Basis für ein großräumiges,
digitales Geländemodell bilden.
Neben diesen meßtechnischen Arbeiten beschäftigt sich
der Verein mit der Auswertung aller Aufzeichnungen Maria Reiches
und dem Anlegen eines Bildarchivs, alle wissenschaftlichen Ergebnisse
werden publiziert, Ausstellungen und Vorträge organisiert und
gestaltet. So auch eine Ausstellung über das Lebenswerk der
weltbekannten Dresdnerin im Lichthof des Dresdner Rathauses. ....
|